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Gottfried Stritar, 1. Stiftungsvorstand, widmete den Preisträgern eine bewegende Laudatio.
Gottfried Stritar, 1. Stiftungsvorstand, widmete den Preisträgern eine bewegende Laudatio.

Laudatio zur Dietrich-Bonhoeffer-Preisverleihung von Stiftungsvorstand Gottfried Stritar

Die Würde des Menschen ist unantastbar
Gottfried Stritar, 1. Stiftungsvorstand der Förderstiftung des Diakonischen Werks Traunstein, widmete den Preisträgern des Dietrich-Bonhoeffer-Preises 2019 eine bewegende Laudatio:

Sehr geehrte Festgäste! Vor allem: Liebe Preisträgerinnen und Preisträger!

Die Würde des Menschen ist unantastbar. So steht es in unserem Grundgesetz, Artikel 1.
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Die Würde jedes Menschen. Unabhängig von seiner Herkunft. Seiner Hautfarbe. Seiner Religion. Ohne Wenn und Aber. Ohne Einschränkungen. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben aus der nationalsozialistischen Vergangenheit gelernt. Sie haben gelernt, dass sich diese Vergangenheit nicht wiederholen darf. Unter keinen Umständen. Nie wieder.
Deshalb: Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Aus einer Zeitungsmeldung dieser Tage: Ein 17-jähriger Schüler ist am Montagnachmittag an seiner Schule im Berliner Bezirk Charlottenburg von einem 15-jährigen Jugendlichen ins Gesicht geschlagen worden – weil er Jude ist.
Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Und wird doch immer wieder angetastet. Verletzt. Mit Füßen getreten. Weil er Jude ist. Oder Muslim. Weil sie die falsche Hautfarbe hat. Oder obdachlos ist. Weil er als Flüchtling nach Deutschland gekommen ist, um hier Schutz und Sicherheit zu finden.
Die Würde eines Menschen wird auch dort angetastet, wo jemand unter menschenunwürdigen Verhältnissen leben muss:
Weil er sich bei den hohen Mietpreisen keine Wohnung leisten kann.
Weil sie, obwohl sie ihr ganzes Leben gearbeitet hat, von ihrer Rente nicht leben kann.
Weil die Alleinerziehende mit ihrem schwerstbehinderten Sohn nicht über die Runden kommt.
Die Würde des Menschen wird genauso dort verletzt, wo Schülerinnen und Schüler diskriminiert werden, ausgegrenzt und gemobbt.
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu schützen, so heißt es im ersten Artikel des Grundgesetzes weiter, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Und da in einer Demokratie alle Gewalt bekanntlich vom Volk ausgeht, ist es die Aufgabe aller Bürger und Bürgerinnen, die Würde des Menschen zu schützen. Jeder kann seinen Teil dazu beitragen. Mehr wird nicht verlangt. Aber auch nicht weniger.
Der Dietrich-Bonhoeffer-Preis möchte dazu Mut machen. Die bedrohte Würde des Menschen zu schützen und zu verteidigen.
Der Namensgeber dieses Preises für soziales Engagement und Zivilcourage, der evangelische Pfarrer und Theologe Dietrich Bonhoeffer, ist aus seinem Glauben heraus konsequent für die Würde des Menschen eingetreten. Auch und ganz besonders für die Würde seiner verfolgten und gequälten jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger.
Als entschiedener Gegner der Nationalsozialisten hielt er es für die Pflicht der Christen, gegen staatliche Unrechtshandlungen Widerstand zu leisten. So wurde er zu einem führenden Mitglied der kirchlichen Oppositionsbewegung. Bonhoeffer ist seinen Weg geradlinig und unbeirrt gegangen.
Damit ist er uns allen zum Vorbild geworden für soziales Engagement und Zivilcourage. Für den mutigen Einsatz für die Würde des Menschen.
Dietrich Bonhoeffer hat Nachfolger und Nachfolgerinnen gefunden. Jugendliche die sich mit Kompetenz und Leidenschaft, mit Phantasie und Ausdauer, mit Entschlossenheit und Zivilcourage für das Gemeinwohl einsetzen. Für Frieden. Gerechtigkeit. Solidarität. Die ihre demokratische Verantwortung für die Würde des Menschen ernstnehmen. Und in viele kleine und große Taten umsetzen.
Es hat uns in der Jury sehr beeindruckt, dass euer soziales Engagement dort beginnt, wo ihr lebt, in eurer Schule, in eurem Wohnumfeld. Das zeigt, dass ihr mit offenen Augen durch euer Leben geht und sehr sensibel wahrnehmt, wo die Würde des Menschen ganz konkret in Gefahr ist. Und was ihr selber tun könnt, um sie zu schützen.
Euer Einsatz hört da aber nicht auf. Der geht weiter. Bis nach Ruanda und Südafrika. Nächstenliebe kennt eben keine Grenzen. Im Gegenteil: Sie überwindet die Grenzen, die gezogen und streng bewacht werden, um sich von der Not anderer abzuschotten. Doch auch die Not kennt keine Grenzen. Das erleben wir tagtäglich im Mittelmeer.
Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Danke euch allen für euren Einsatz für die Unantastbarkeit der Menschenwürde. Für eure Geduld. Euren Mut. Eure Beharrlichkeit. Danke.
Danke auch allen Lehrkräften, die euch dabei unterstützt und begleitet haben. Danke.
Die Schule ist für euch so zu einem Lernort des Lebens geworden. Vieles, was ihr in eurer Schulzeit gelernt habt, werdet ihr irgendwann vergessen. Ich weiß das aus eigener Erfahrung. Doch euer soziales Engagement, die Haltung, die ihr in der Schule gelernt habt, das werdet ihr nicht vergessen. Das bleibt. Auch bei den Menschen, für die ihr euch einsetzt. Auch im Namen dieser vielen Menschen: Danke!
Ebenso kann ein Verein, eine Initiativgruppe oder eine christliche Gemeinschaft so zu einem wichtigen sozialen Lernort werden. Ein Ort, an dem man seine Haltung, seinen Glauben einüben kann – by doing. Danke.
Mit der Verleihung des Dietrich-Bonhoeffer-Preises wollen wir uns aber nicht nur bei euch bedanken und euch auszeichnen. Wir möchten euch auch ermutigen: Weiter so! Wir brauchen euch. Ganz dringend. Euer soziales Engagement. Eure Zivilcourage. Euren unverzichtbaren Einsatz für die Würde des Menschen. Auf euch, auf jeden und jede, kommt es an. Ihr seid nicht nur unsere Zukunft. Ihr seid auch unsere Gegenwart. Heute und jetzt. Danke.

Gottfried Stritar, Dekan i.R.

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