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Für die Ehrengäste gab es Blumen (von links): Barbara Berger, stellvertretende Leiterin der Fachakademie, Dekan Peter Bertram, die stellvertretenden Landräte Resi Schmidhuber (Traunstein) und Helmut Fürle (Berchtesgadener Land) , OB Christian Kegel, Andreas Karau, 1. Vorstand des Diakonischen Werks und Michael Väth, Leiter der Fachakademie

Fachakademie für Sozialpädagogik feiert Zehnjähriges

Bunt gestalteter Gottesdienst und Festakt mit viel Musik

Traunstein. Ein von den Studierenden selbst wesentlich gestalteter Gottesdienst mit viel Musik in der evangelischen Auferstehungskirche war ein Teil der Feier zum zehnjährigen Bestehen der Fachakademie für Sozialpädagogik des Diakonischen Werks Traunstein. Den zweiten Teil, der in der Fachakademie stattfand, bestimmten Grußworte und die Festrede von Dr. Bernhard Petry, dem Vorstandsvorsitzenden der Evangelischen Schulstiftung in Bayern, unter deren Dach alle evangelischen Schulen verbunden sind.
Den Gottesdienst, der gleichzeitig der Auftakt zum Semesterbeginn war, hatten die Vorbereitungsgruppen unter der Leitung von Religionslehrerin Kerstin Hintereder unter das Thema „Aneinander wachsen“ gestellt. „Wachsen geht nur gut mit- und aneinander“, stellte Michael Väth, Pfarrer und Leiter der Fachakademie, in seiner Ansprache fest. Die Frage „Was lässt uns wachsen?“ beantwortete er unter anderem wie folgt: „Es lässt uns wachsen, wenn jemand an mich glaubt, wenn ich jemandem wichtig bin, wenn mir jemand die Zeit gibt für meine persönliche Entwicklung und wenn man mir zutraut, dass ich mich entwickeln und wachsen kann.“ Gerade Letzteres sei ein Schwerpunkt der Fachakademie, betonte Väth.
Zum „Aneinander wachsen“ gehöre es aber auch, „es aushalten zu können, dass andere anders sind“. Und man müsse seinen eigenen Platz im Leben finden, auch wenn man sich selbst nicht so toll vorkomme und sich vielleicht einen anderen Platz im Leben wünschen würde „Man muss erkennen, dass ich so bin wie ich bin und damit seinen Frieden schließen.“ Gleichzeitig aber müsse man sich auch selbst hinterfragen und sich selbst in Frage stellen dürfen und dabei bereit sein, an sich und seiner Haltung gegebenenfalls etwas zu ändern.

Kalscheuer-Schulklasse zu Gast in der Kirche

Studentinnen der Fachakademie formulierten danach Begriffe, die zur persönlichen Weiterentwicklung wichtig sind und hängten die entsprechenden Zettel an einen kleinen Baum der vor dem Altar in der Auferstehungskirche stand: unter anderem Ruhezeit, Fairness, Erfahrungen und Selbstvertrauen. Abschließend wünschte Väth den Studierenden, dass sie das neue Schuljahr als „Wachstumsjahr“ erleben. Und eine Pflanze überreichte er an Schüler der Privatschule Kalscheuer, von der eine Klasse am Gottesdienst teilgenommen hatte, angeführt von Konrektor der Berufsfachschule für Hotel- und Tourismusmanagement Sebastian Schade, der früher Dozent an der Fachakademie der Diakonie in Mühldorf gewesen war.
Viel Musik bestimmte den Rahmen des Gottesdienstes. Schon zu Beginn erlebten die Besucher in der übervollen Kirche einen klassischen Hörgenuss mit dem „Einzug der Königin von Saba“ aus dem Oratorium von Georg Friedrich Händel, gespielt von einer Orchestergruppe unter Leitung der Musiklehrerinnen Barbara Danner und Monika Schwarzenbacher. Am Musikprogramm beteiligt waren auch der Chor der Fachakademie sowie die Studierenden der Oberstufe I und II mit ihrem Lied „Something just like this“, das sie mit einer ausgeklügelten Choreografie begleiteten. Das Thema des Tages verdeutlichte eine Melodie der Aschauer Liedermacherin Kathi Stimmer-Salzeder: „Zusammenwachsen“. Mit dem Kultlied „Möge die Straße uns zusammenführen“, einem irischen Segensspruch, von allen gemeinsam gesungen, ging der Gottesdienst zu Ende – aber noch nicht ganz: Mit einem eigenen emotionalen Song verabschiedeten die Studierenden ihre Musiklehrerin Schwarzenbacher, die davon ganz gerührt war.
Beim Festakt in der Fachakademie, ebenfalls von Musikstücken umrahmt, ließ Väth die Historie der Einrichtung kurz Revue passieren: gestartet im Schuljahr 2009/10 mit gerade mal 24 Studierenden im „gewöhnungsbedürftigen Gebäude“ an der Prandtnerstraße in Traunstein bis hin zur aktuellen Unterkunft neben der Schule für Krankenpflegeberufe, die mit 285 Studierenden längst schon wieder aus allen Nähten platze.

Grußwort-Redner blieben stumm

Die Grußworte fielen diesmal ganz anders aus als sonst: Nicht die Ehrengäste selbst äußerten sich, vielmehr dankte ihnen Fachakademieleiter Väth, nachdem sie alle nach vorne gebeten worden waren, seinerseits für all das, was sie, beziehungsweise die von ihnen vertretenen Institutionen, für die Fachakademie getan hatten. Das waren die stellvertretende Landrätin Resi Schmidhuber für den Landkreis Traunstein, Helmut Fürle, stellvertretender Landrat des Landkreises Berchtesgadener Land, aus dem etwa ein Drittel der Studierenden kommt, sowie Dekan Peter Bertram und Vorstand Andreas Karau für das Diakonische Werk, den Träger der Fachakademie.
Ein eigenes Grußwort war Stefan Pauler eingeräumt worden, dem Leitenden Schuldirektor an der Regierung von Oberbayern. Auch er ging auf die Entwicklung der Fachakademie ein, die gegründet worden sei, um den Fachkräftemangel zumindest abzumildern, da die Situation unbefriedigend sei. Bedauerlicherweise werde aber die Erzieherausbildung nicht in dem Maße nachgefragt, wie der Bedarf sei – wohl auch weil sie vielfach nicht als attraktiv genug bewertet werde. Verschiedene Modelle, die derzeit erprobt würden, sollten die Ausbildung in Zukunft attraktiver machen.

„Ruhende, gefestigte und engagierte Menschen gebraucht“

„Unsere Gesellschaft braucht in sich ruhende, gefestigte und engagierte Menschen, die das Gemeinwohl stärken. Die Entwicklung solcher Persönlichkeiten zu fördern, ist ein evangelischer Beitrag zu einer offenen Gesellschaft. Denn evangelische Schulen sind durch ihre Grundhaltung in besonderer Weise geeignet, dabei zu helfen, Orientierungskompetenz, Ambiguitätstoleranz und Solidarität als Schlüsselkompetenzen für das friedliche Zusammenleben in einer offenen Gesellschaft zu entwickeln.“ Mit diesen Worten beschrieb Dr. Bernhard Petry, der Vorstandsvorsitzende der Evangelischen Schulstiftung in Bayern, Wesen und Ziel evangelischer Schulen. Eine davon ist die Fachakademie für Sozialpädagogik des Diakonischen Werks Traunstein, die hierzu seit zehn Jahren erfolgreich ihren Beitrag leiste, wie der Festredner bei der Jubiläumsveranstaltung lobend feststellte.

Von Beginn an, so blickte der Referent fünf Jahrhunderte zurück, seien Erziehung und Bildung große Anliegen der Reformation gewesen. Jedes Kind sollte – unabhängig vom sozialen Stand – eine elementare Bildung erhalten. So seien in der Folge die Reformatoren unermüdlich an zahlreichen Schulgründungen und an der Umstrukturierung bestehender Schulen gemäß den humanistisch-reformatorischen Grundsätzen beteiligt gewesen.

Neben der kirchlichen Beteiligung am staatlichen Bildungsauftrag durch Religionsunterricht, Schulseelsorge oder Schulsozialarbeit bildeten die Schulen in evangelischer Trägerschaft eine zweite wichtige Säule, gerade auch in strukturschwachen Regionen. 160 evangelische Schulen, Schülerheime und Internate gebe es in Bayern, täglich würden hier fast 25.000 Schüler von mehr als 3000 pädagogischen Mitarbeitern auf ihren Platz im Leben als Erwachsene vorbereitet. Dabei würden bei weitem nicht alle Kosten von den staatlichen Stellen gedeckt, je nach Schultyp 20 bis 30 Prozent der laufenden Kosten. Ein Teil dieser Kosten werde durch Zuwendungen aus Kirchensteuermitteln gedeckt: „Finanzmittel, die der Kirche vom evangelischen Teil der Gesellschaft zufließen, werden der Gesellschaft insgesamt als Investition in ihre eigene Zukunft direkt wieder zur Verfügung gestellt“, so Dr. Petry.

„Orientierung am Rotstift“ kritisiert

Wiewohl sich dieses Bildungsprogramm der Reformation sowohl in kirchlicher als auch in säkularer Form über die Jahrhunderte hinweg sehr erfolgreich weiterentwickeln konnte, verfügten, so der Referent mit Blick auf die heutige Situation, immer noch etwa zwölf Prozent der Erwachsenen in Deutschland über niedrige Lese- und Schreibkompetenz. Und schließlich übte der Redner harsche Kritik an der „schulischen Orientierung am Rotstift“; diese müsse ersetzt werden durch personenorientiertes Lernen. Persönliche Entwicklungspläne der Studierenden und Lernentwicklungsgespräche mit den Kursleitungen sollten an die Stelle der Orientierung am roten Stift der Lehrkraft treten. Und dass Wissen zwar wichtig, aber gerade in der sozialen Arbeit längst nicht alles sei, so der Referent abschließend, werde durch eine Besonderheit der Fachakademie Traunstein unterstrichen: „Am Schuljahresende werden diejenigen Studierenden ausgezeichnet, die sich im Laufe des Schuljahres in besonderer Weise für andere eingesetzt haben.“

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Text: Hans Eder

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